Breitbild Abverheit

Was mir bei "abverheit"​ abverheit ist

Portrait von Podcast-Pionier Nico Leuenberger Nico Leuenberger, 8.4.2019
Breitbild Abverheit

Ich produziere den Podcast "abverheit", in dem Unternehmerinnen und Unternehmer von ihren besten Ideen erzählen, die nicht funktionierten.

Höchste Zeit, dass ich dasselbe tue und erzähle, was bei der Produktion alles schief lief.

"abverheit": Schweizerdeutsch für misslungen, missraten, nicht gelungen.

Launch verbockt

Der schönste Podcast der Welt nützt nichts, wenn ihn die Leute nicht hören können. Der Launch glückte zwar grösstenteils. Die ersten drei Episoden, die ich am 12. Februar publizierte, wurden in iTunes, auf iPhones und auf Spotify wunderbar angezeigt und auch gehört. Doch bei Google Podcasts erschien nur der Trailer. Die anderen Episoden fehlten. Was blöd war, weil ich Google Podcasts aktiv bewarb als Möglichkeit, "abverheit" zu hören.

Was war passiert?

Ich hatte meinen Podcast ursprünglich bei einem deutschen Anbieter hosten wollen, der alle wichtigen Features anbot. Ich registrierte mich, richtete einen Account ein und publizierte den Trailer, rund vier Wochen bevor ich mit "abverheit" live gehen wollte. Beim Einrichten kam es aber zu kleineren technischen Unschönheiten. Ein Bild wurde nicht angezeigt und der Player gefiel mir nicht sonderlich. Dann stiess ich auf den Hoster Spreaker. Dort sah alles viel hübscher aus und ich entschied mich, den Podcast dort zu hosten. Ich stornierte mein Abo beim alten Hoster, setzte den Podcast bei Spreaker auf, launchte die ersten drei Episoden – und stellte dann fest, dass Google Podcasts immer noch auf den alten Stream verwies. Der natürlich nicht mehr aktualisiert wurde.

 

Im Gegensatz zu iTunes und Spotify teilt man Google nicht mit, wo ein Podcast liegt, Google findet ihn selbst. Mit dem Resultat, dass der Bot zeitweise meinen neuen Host fand und alles funktionierte, dann aber wieder auf die alte Seite stiess und Episoden fehlten.

Schlussendlich musste ich beim alten Anbieter ein Abo lösen (die kostenlose Testphase war abgelaufen) und in das dortige RSS-File die neue Spreaker-URL eintragen. Nun scheint’s zu laufen. Nur bezahle ich jetzt für zwei Hostings und getraue mich noch nicht, das alte zu künden, weil ich nicht weiss, ob der Google-Bot danach wieder ins Leere läuft.

Zu wenig Material

Die Episoden von "abverheit" dauern zwischen 10 und 15 Minuten. Und obwohl meine Interviews oft 40 Minuten und länger dauerten, sass ich anschliessend am Schnittplatz und merkte, dass ich genau die entscheidende Frage nicht gestellt oder den völlig falschen Schwerpunkt gesetzt hatte. Bei der neusten Episode "Reifenplatten" z.B. habe ich sehr viel Material von Ninos Erfolg, aber viel zu wenig von seinem Scheitern. Und das, obwohl ich bereits beim Interview wusste, dass es ums Scheitern gehen soll. ????

Idyllische Vorstellungen

Für die Episode "Edle Hähne" fuhr ich vier Stunden Zug, um von Winterthur nach Filisur in den Bündner Bergen zu gelangen. Dort wollte ich Züchter Ueli Heinrich und Koch Freddy Christandl interviewen, die ein ethisch und ökologisch perfektes Poulet züchten wollten. Meine idyllische Vorstellung war, dass ich eine tolle ländliche Sound-Kulisse würde aufnehmen können, mit Hühnergegacker, vielleicht ein paar Schafen und Ziegen. Man sollte die saftigen Bergwiesen richtig hören können.

Die Realität: Die Bäuerin nebenan mähte die ganzen zwei Stunden, die ich fürs Interview Zeit hatte, ihre Wiese. DIE GANZE ZEIT! Schlussendlich zogen wir um ins Wohnzimmer, um in Ruhe sprechen zu können. Vom Idyll ist auf der Aufnahme nichts zu hören.

Am falschen Ort Zeit gespart

Nach dieser Erfahrung sagte ich mir: Lange Reisen sind zwar schön, aber vielleicht geht's auch einfacher. Eine Interviewpartnerin, die ebenfalls weit weg wohnt, schlug vor, das Interview per Zoom (Skype-Alternative) zu führen. Ich hatte zwar Bedenken und sagte, die Audioqualität sei mir sehr wichtig. Worauf sie erwiederte, sie nehme bei sich mit einem Mikrofon auf und schicke mir danach den Mitschnitt.

Nun. Die Qualität ist nicht furchtbar, man wird das Interview brauchen können. Aber man hört am Echo, dass die Aufnahme in einem grossen Büro mit einem mittelmässigen Mikro gemacht wurde. Die Qualität erfüllt meinen gewünschen Standard nicht. Nächstes Mal werde ich wieder reisen und mit meinem eigenen Mikro aufnehmen.

(Noch) vergebliche Suche nach Sponsoren

Bereits früh in der Produktionsphase suchte ich nach Sponsoren für "abverheit", war aber erfolglos, weil ich noch nichts vorzuzeigen hatte. Also machte ich mich an die Produktion, stellte drei Episoden fertig und sagte mir: Zur Not startest du halt ohne Sponsor.

Ich hatte damit gerechnet, viele Absagen zu erhalten. Was ich nicht erwartet hatte, war Stille. Es kam einfach nichts.

Einen Monat vor dem Launch machte ich noch einmal einen Push, schrieb verschiedene Organisationen an, die meiner Meinung nach perfekte Sponsoren wären, weil ich genau ihre Zielgruppe erreiche. Ich hatte damit gerechnet, viele Absagen zu erhalten. Was ich nicht erwartet hatte, war Stille. Es kam einfach nichts. Auch auf mehrmaliges Nachfragen und Kontaktaufnahmen auf verschiedensten direkten und indirekten Wegen kam ich auf keinen grünen Zweig.

Mittlerweile sind zwar zwei Organisationen sehr interessiert an einem Sponsoring, beide zögern aber immer noch.

Meine Lösung: Ich "sponsere" den Podcast nun selbst. Meine Produktions-Agentur Podcast-Schmiede macht bei "abverheit" Werbung für unsere Dienstleistungen und hat damit bereits für einige Aufmerksamkeit gesorgt. Derweil produziere ich weiter fleissig Episoden, denn ich weiss: Podcasting ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Es braucht viel Ausdauer, um eine treue Hörerschaft aufzubauen. Wenn ich nachhaltig Top-Qualität liefere (und das Feedback ist ausnahmslos hervorragend), dann kommen später auch die Sponsoren.

Lasst uns weiter scheitern!

Meine Gäste in "abverheit" sind alle gescheitert. Die einen gross, die anderen klein. Sie alle haben dazu eine positive Einstellung. Haben viel gelernt und sich weiterentwickelt. Auch ich bin heute ein viel besserer Podcaster als vor einem halben Jahr. Zu Gute kommt das schlussendlich meinem Business: Meine Podcast-Kunden profitieren nun von noch mehr Know-How. Denn nirgends lernt man so viel wie beim Scheitern.

Autor:in

Portrait von Podcast-Pionier Nico Leuenberger

Nico Leuenberger

Nico ist Storyteller aus Leidenschaft. Seine 10-jährige Erfahrung als Radioreporter hat ihn gelehrt, dass es kaum eine Geschichte gibt, die sich nicht spannend erzählen lässt. Anfang 2019 gründete er die Agentur Podcastschmiede, um im Auftrag packende Audio-Geschichten zu erzählen.