Wir sind Cheyenne und Zulu, ein Paar, und haben ein Kind - Polly. Das Leben ist teilweise ziemlich unberechenbar für uns. Als wir aber feststellten, dass wir nicht alleine mit den kleinen alltäglichen Problemen sind, die uns als Paar und Familiei etwas angehen, haben wir entschieden, diesen Podcast zu starten. Im heutigen Blogartikel zur passenden Podcast-Episode geht es um das Thema Essen. Wir gehen das offen an, nehmen kein Blatt vor den Mund und diskutieren offen über das Thema. Wir sind wild und so geht es nicht einfach nur um Nudeln, sondern gleich um Pasta und Punkrock.
Was für euch jetzt klingt, als ob wir eine Food-Anarchie leben und uns den Gelüsten der System-Küche hergeben - nein, das tun wir definitiv nicht. Wir gehen relativ selten in so ein Restaurant, aber dieses eine hatte es uns wirklich angetan. In einem 20er Jahre Haus gab es Burger, bevor wir auf eine Veranstaltung gegangen sind. Die Architektur war schon schön, aber mein Gott, bleiben wir beim Thema. Das Thema Essen führt in jeder Familie zu Diskussionen, denn es gibt a) das Essen für die Eltern und b) das Essen fürs Kind. Wenn ihr richtig gut seid, bekommt ihr a) und b) unter einen Hut. Wie das als junge Eltern so ist - wir üben noch. In meinem speziellen Fall ist es so, dass ich noch einen Buchstaben c) hinzufüge, das sagt zumindest Zulu über mich, weil ich Essen nicht nur mit Nahrungsaufnahme und Genuss verbinde, nein, es sind auch jedes Mal Schuldgefühle, die beim Anblick von Kalorien und Vitaminen in mir arbeiten.
Ich habe beispielsweise Schuldgefühle, wenn ich tierische Produkte esse, wenn etwas dick macht oder wenn es einfach ungesund ist. Zu diesem Thema haben wir eine WhatsApp Nachricht von Regula bekommen, die ähnlich fühlt wie ich, aber aus anderen Gründen. "Ich habe keine entspannte Haltung zum Essen, weil sie mir einfach nicht vorgelebt worden ist. Mein Essen wurde immer rationiert und so habe ich nie gelernt, aus Lust zu essen. Leider bin ich nicht sehr schlank und habe das Problem, etwas positiv vorzuleben, mit dem ich selbst Probleme habe." Wir alle lassen uns beeinflussen von diversen Themen zum Essen. Zulu geht einen Schritt weiter, er ist sogar der Meinung, dass das Thema Essen mittlerweile einer Religion gleicht. Was ist richtig, was ist falsch, was macht intelligent? Er findet die Entwicklung von Ratgeber-Büchern und Kochbüchern bedenklich und bezeichnet sich beispielsweise als recht lustvollen und schnellen Esser, hat er doch neulich seinen neuen Favoriten gefunden, eine Sauce zum Randensalat. Wer gerne das Rezept haben möchte, schreibt gerne eine Nachricht in die Kommentare. Wir mögen diesen Salat recht gerne und Polly wählte ihn beim einkaufen. Als wir etwas damit kochen wollten, kam das Statement: "ich habe Randen gerne, aber heute nicht!"
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Zulu hat Mitte zwanzig eine Tendenz zum Bauch entwickelt, der sich zum Ranzen mauserte, das hat ihn lange geplagt. Mittlerweile hat er sich mit seiner Körperform angefreundet und sagt mich Nachdruck: "Ich bin, wie ich bin." Da muss ich lachen, denn so ganz kann ich da nicht mitgehen. Selbst Polly hat ihren Babybauch noch etwas länger behalten, eigentlich war sie zu der Zeit gar kein Baby mehr. Zulu liebt seine Tochter und sieht über einen Bauchansatz hinweg: "Ich denke doch nicht an ihren Bauch oder den Zucker, wenn es darum geht, ob sie ein Stück Schokolade haben darf." Ich sehe darin ein Problem, dass Adjektive wie dick oder dünn eine positive oder negative Wertung haben, in dem Moment, in dem sie ausgesprochen wurden. Polly hat gar kein Problem damit, sie empfindet diese Wörter noch als wertfrei, zum Glück, kommt aber mit Sätzen aus dem Kindergarten wie: "Ich habe einen Bauch." Mein Gewicht selbst ist schwankend und ich habe es nicht einfach, eine Jeans oder einen Pullover kaufen zu gehen. Bei 165 cm wiege ich ca. 85 kg und trage Kleidergrösse 44. Oft hören die Kleidungsstücke im normalen Geschäft bei Grösse 42 auf und es zeigt mir, dass ich nicht richtig bin hier. Natürlich haben wir alle verschiedene Körper und ich bin die breiteste Frau aus meiner Familie und man hat mir bereits als Kind gesagt, dass ich dick sei. Seitdem habe ich eine verkrampfte Einstellung zum Essen. Das macht keinen Spass mehr. Unsere Hörerin Miriam hat das gleiche Gefühl: "In der Pubertät wächst man mit Idealen auf wie Victoria Beckham und eigentlich sollte man sagen, ich bin gut so. Das versuche ich meinen Kindern auch so mitzugeben, ich hoffe, dass es funktioniert."
Hörerin Anna sagt, dass ihr Partner Markus recht einfach gestrickt sei, was das Thema Essen angeht. Es solle satt machen und leicht zuzubereiten sein, am besten würde noch Ketchup oder Mayonnaise darüber gegeben. Ihre Einstellung hingegen sei, dass es wertvolles Gemüse geben müsse, weil man ja "ist, was man isst". Aufwendiges Kochen ist nicht täglich praktikabel, das wissen wir alle aus eigener Erfahrung und nur weil man Essen selbst für richtig gut und sinnvoll hält, heisst es noch lange nicht, dass die Kinder das auch so sehen. Erst mit dem Kindergarten oder der Einschulung wurde das bei Anna schwieriger und lacht und gibt zu, dass bei ihr gerne mal pragmatisch die Buchstabensuppe auf dem Tisch stehe. Sie möchte nicht, dass das Essen eine Verhandlungssache in der Familie wird, auch Spiele hält sie für nicht sinnvoll. Zulu und ich einigen uns darauf, dass es eben kein Verbrechen ist. Auch wenn Polly einmal etwas "nicht Gesundes" gegessen hat, wählt sie danch ein Obst, einfach weil sie weiss, dass sie das jetzt braucht. Wichtig ist, dass Polly gesund und fit ist. Wir möchten unserem Kind nicht durch Regeln und Verbote den Genuss am Essen nehmen. Eine Regel besteht jedoch bei uns: wir essen am Tisch und wir essen zusammen.
Dabei hat sich Zulu ertappt, weil er das Dessert an eine Bedingung geknüpft hat. Wir haben herausgefunden, dass "gut essen" nicht gleichbedeutend mit "viel essen" stehen muss, es geht um das Verhältnis. Wenn noch so viel Platz im Bauch für einen Dessert ist, warum kann dann nicht noch die warme Hauptspeise vom Gang davor darin Platz haben? Auch wir haben festgestellt, dass die Präferenzen beim Essen mit dem Kindergarten komplizierter geworden sind. Wir haben aber derzeit noch einen Trick auf Lager: Pasta mit Sauce funktioniert immer. Und es liegt an uns, wie ausgewogen diese Sauce ist und was wir dort kochen. Jegliches Gemüse funktioniert sehr gut darin, was uns ehrlich freut.
Für Hörerin Andrea ist es wichtig, dass die Kinder den Zusammenhang zwischen dem Entstehen von Nahrungsmitteln und dem Prozess der Zubereitung entdecken. Im eigenen Garten sehen sie Tomaten oder Erbsen wachsen, sie wissen, wie eine Pflanze wächst und wie man sie zubereitet. Ihr ist vor allem auch wichtig, dass wenn in Kind beispielsweise etwas nicht essen möchte oder Nein am Tisch sagt, dass diese Grenzen auch eingehalten werden. Auch für uns ist das ein echter Ansatz und Zulu freut sich immer noch, wenn er erzählt, dass die Rübli direkt aus der Erde kamen. Wir essen wenig bis fast überhaupt kein Fleisch und Polly weiss, u.a. auch, dass Tiere sterben müssen, wenn wir Fleisch essen. Polly hilft dabei, Salat oder Apfelmus zuzubereiten, das finden wir sehr wichtig, dass ein Kind am Entstehungsprozess beteiligt ist. Was wir vor allem am Wochenende nicht schaffen, ist das Essen zu ähnlichen Zeiten, dafür schlafen wir einfach zu gerne zu lange und so wird aus einem geplanten Frühstück auch gerne mal ein Brunch. Eine Hörerin geht so weit, dass es so gut wie gar keine Regeln gibt. Es wird gegessen, was gekocht wird, aber es muss nicht gegessen werden, um den Druck nicht zu erhöhen. Es gibt kein Drama, wenn nicht aufgegessen wird. Die einzige Regel hierbei ist, dass nach dem Znacht-Essen nichts mehr im Bett gegessen wird, der Krümel wegen. Für uns stellt sich die Frage, ob es schlau ist, wenn sich die Kinder selbst das Essen zusammenstellen dürfen, also dürfen sie schöpfen? Wie viel oder wovon entscheidet dabei das Kind, sie findet es wichtig, dass ein Kind auf seinen Körer hören darf. Ist das vielleicht erfolgsversprechender? Wir finden, das ist ein interessanter Punkt, weiter darüber nachzudenken. Ich ertappe mich oft dabei, zu fragen, ob Polly nicht ein Rüebli probieren möchte. Damit forciere ich nicht das Essen, sondern ich ermutige sie, unterschiedliche Zubereitungen auszuprobieren.
Sind wir so nicht alle? Humorvoll betrachte ich die goldenen Ausnahmen und habe sie euch zusammengestellt.
Polly hat sogar eine Schublade, in der z.B. ihre Halloween-Süssigkeiten gebunkert werden. Sie hat ihre Schätze dort, vergisst sie aber und sie sind nicht mehr wichtig. Ich interveniere manchmal, indem ich sage, "hey, wenn du mehr davon isst, wird dir schlecht" und das stimmt ja auch. Wir wissen, dass sie beim Hörspiel-Hören oder Video schauen gerne snackt, das unterstützen wir gerne mit Früchten. Hörerin Anne-Kathrin hat eine Tochter, die hingegen eine totale Snackerin ist und am liebsten 12 mal am Tag Snacks esse möchte. Manchmal kommt die Tochter zehn Minuten vor dem Znacht Essen, da erhält sie ein Nein, weil sie so lange noch warten kann. Wir stellen fest, dass wir die Kinder zwar nicht stressen möchten, es aber doch immer wieder tun, weil wir einfach so hohe Erwartungen an sie haben. Windeln weg, Nucki weg, genug schlafen, wir müssen in den Kinski gehen, du musst das essen. Wir können nicht erwarten, dass unsere Kinder wissen, was Kohlenhydrate sind. Das wussten wir auch erst als Erwachsene.
Mit dieser Popeye-Weisheit wurden wir früher erzogen und wir haben die Sprüche geschluckt wie unser Essen, heute hängt viel mehr dran. Ich halte für mich fest, dass ich mein Kind dort stresse, wo auch ich gestresst bin.
Mit einigen Tipps von unseren Hörer:innen und von uns verabschieden wir uns aus dieser Episode der Rotzphase:
Ein Buchtipp von Nathalie:
Kinder verstehen "Born to be wild - wie die Evolution unsere Kinder prägt" von Herbert Renz-Polster
Magazin: "Fritz und Fränzi - ElternMagazin"
Pocasts:
Anyworking Mom - Ernährung "Viele Ernährungsmythen sind Chabis"